Erika Hoffmann: Zuhause in der Sammlung

Private Sammlung  

Erika Hoffmann: Zuhause in der Sammlung

Erika Hoffmann wohnt in ihrer Sammlung und lässt Samstags Berlin-Besucher durch ihr Wohnzimmer spazieren. Ein Gespräch über Nähe, Distanz und wie man Kunstwerke dazu bringt, miteinander zu kommunizieren.

Sammlung Hoffmann

FRAU HOFFMANN: WIE WOHNT ES SICH IM MUSEUM?

Die Frage nach dem Ort für unser Gespräch erübrigt sich, denn es gibt sie nicht, die Trennung zwischen Sammlung und privatem Zuhause. Erika Hoffmann lebt dort, wo die Arbeiten aus der Sammlung Hoffmann hängen, in den großzügigen Räumen einer ehemaligen Nähmaschinenfabrik in den Sophie-Gips-Höfen in Berlin Mitte. Die Sammlerin empfängt uns an diesem sonnigen Montag im Besprechungsraum des lichtdurchfluteten Loft, der uns von allen Seiten mit Kunst umschmeichelt. Ich schiele automatisch nach Beschriftungen der Werke – es gibt sie nicht.

Mit Arbeiten von großen zeitgenössischen Namen wie Andy Warhol, Isa Genzken oder Chiharu Shiota gehört die Sammlung Hoffmann zu den renommiertesten und interessantesten privaten Kunstsammlungen in Deutschland. Seit dem Tod ihres Mannes Rolf Hoffmann 2001 führt Erika Hoffmann die gemeinsam auf- und mit viel Passion ausgebaute Sammlung weiter fort.

Wir fingen ganz klein an. Es war nie unsere Motivation einfach nur Objekte anzuhäufen. Es ging uns vielmehr um das Erwerben von Ideen mit denen wir uns beschäftigten. Zunächst kauften wir direkt von befreundeten Künstlern.

Sammlung Hoffmann

SAMMLUNG HOFFMANN: MODE, KUNST UND NEUGIER

Eigentlich hat die Liebe zur Mode das Ehepaar Hoffmann zur Kunst gebracht. Als Inhaber des Familienunternehmens van Laack waren sie in den 1960er Jahren, auf der Suche nach Inspiration für ihre Druck- und Webmuster, regelmäßig auf Ausstellungen und Vernissagen unterwegs. Vor allem die seriellen Arbeiten aus den 60ern empfanden sie als hochspannend. Nach und nach tauchten die beiden immer tiefer in die Kunstszene ein. Was sie suchten und fanden waren Künstler und Arbeiten, in denen sie sich selbst, ihre Ideen und Themen wiederfinden und mit denen sie möglichst nah zusammen leben konnten. Dazu zählten und zählen Künstler wie François Morellet, Marcel Broodthaers, Frank Stella und Félix González-Torres.

Wir wollten mit den Arbeiten zusammen leben und wünschten uns, dass sich der imaginäre Dialog zwischen uns und den Werken damit weiter intensivieren würde.

So persönlich die Auseinandersetzung mit der Kunst, so undogmatisch betrachtet Erika Hoffmann den Ansatz ihrer Sammlung. Ganz bewusst folgten die beiden keiner Strategie oder einem roten Faden, sondern ließen sich von ihrer Neugier auf das Neue und Unbekannte führen.

Die Idee, die Sammlung Hoffmann auch anderen Menschen zugänglich zu machen, entstand Jahre später, nachdem die Mauer gefallen war. Zunächst als große Kunsthalle in Dresden nach Entwürfen von Frank Stella geplant, begannen die Hoffmanns, nachdem sich das Projekt als nicht zu realisieren erwies, die Idee eines privaten Projekts in Berlin anzuvisieren – die heutige Sammlung Hoffmann in Berlin.

Sammlung HoffmannSammlung Hoffmann

INTERVIEW MIT ERIKA HOFFMANN

Frau Hoffmann, haben Sie ein Lieblingskunstwerk?

Nein, das habe ich nicht. Mir ist der Zusammenhang, jenes Netzwerk, das alle Arbeiten der Sammlung verbindet, viel wichtiger, als das einzelne Werk. Ich stelle mir vor, dass die Kunstwerke wie Eisenspäne auf einer Platte chaotisch herum liegen. Mit einem Magneten zieht man dann unter der Platte eine Linie, nach der sich die Späne ausrichten. Als Gerade, Diagonale oder in Schlangenlinien. So entstehen neue Bezüge zwischen den Arbeiten.

Der Kunstmarkt ist übervoll und verändert sich ständig. Wie können Sie sich für ein bestimmtes Werk in dieser Fülle entscheiden? Ist es Liebe auf den ersten Blick?

Zunächst ist es ein besonderer visueller Eindruck. Das Werk muss mir irgendwie auffallen – egal ob es mir gefällt oder mich einfach aufregt, weil es so hässlich oder so herausfordernd ist. Dann will ich wissen, was der Künstler bisher gemacht hat, möchte darüber nachdenken und es wirken lassen. 

Ihre ersten Arbeiten haben Sie von befreundeten Künstlern gekauft – ist es Ihnen heute nach wie vor wichtig, den Künstler persönlich kennenzulernen bevor Sie sich für ein Werk entscheiden?

Das hat sich mit der Zeit verändert. Es gab eine Zeit für meinen Mann und mich, in der wir uns ganz unbeeinflusst von der persönlichen Begegnung mit dem Künstler für eine Arbeit entscheiden wollten.
Heute will ich, nachdem ich mich für das Werk entschieden habe, unbedingt wissen, was und vor allem wie der Künstler denkt. Was habe ich selbst davon schon verstanden? Und warum arbeitet er als Künstler?

Verändert sich die Distanz oder Nähe zum Werk wenn man es besitzt?

Es gibt Werke in Museen, die ich einmal im Jahr aufsuche und die mich jedes Mal aufs Neue ganz besonders berühren. Das ist jedoch mehr bei der klassischen Kunst der Fall.

Wenn man zeitgenössische Kunst besitzt, dann entwickelt man ein richtig intimes Verhältnis zu ihr. In meinem Kopf sind all die Geschichten: Zum Beispiel wie ich die Arbeit zum ersten Mal und in verschiedenen Kontexten entdeckte und wie sie dann in unseren Wohnungen hing. Insofern ist das eine sehr komplexe und persönliche Geschichte. 

Wie viele Werke die Sammlung Hoffmann heute genau umfasst, bleibt ein Geheimnis. Einmal jährlich im Juli stellt Erika Hoffmann ihre Sammlung unter einem thematischen Schwerpunkt neu zusammen. Nur eine Arbeit verlässt nie ihren Platz; ein großes Hybrid aus Malerei und Skulptur von Frank Stella aus dem Jahr 1989. Jedes Werk, das neu in dessen Raum kommt, muss sich mit ihm auseinander setzten.

Das Profil zur Sammlung und ihren Künstlern im ARTBERLIN SAMMLER GUIDE: https://www.artberlin.de/sammlung/hoffmann/