Tatjana Doll

Künstlerführer Berlin 

Tatjana Doll

Tatjana Doll ist bekannt für ihre (über-)lebensgroße Gemälde und Real Paintings. Sie thematisiert den Wettstreit von Übermass und Einfachheit und konfrontiert darin multidimensionale Realitäten.

Steckbrief zur Kunst und Künstlerin Tatjana Doll

Kunstprofil 

Tatjana Doll experimentiert in ihren großformatigen Gemälden mit kollektiven Symbolen und Ikonen, als auch Motiven unserer Tagesrealität, die mit satten Farbaufträgen großzügig und frisch auf den Bildern dinghaft werden. Die Oberflächen irritieren durch Normverletzungen, wenn die Farbe herausplatzt, herunterrinnt oder sich kräuselt und der Bildfläche darin eine Raumdimension hinzufügt

Ihre Zeichnungen sind einlinige Reproduktionszeichnungen aus identitätsbildenden Angeboten. 

Medien

  • Malerei
  • Zeichnung, Lithografie
  • Film
  • Foto (digitale Fotomontagen)

Kurzprofil zur Künstlerin

Doll wurde 1970 in Burgsteinfurt geboren. Sie verbrachte nach ihrem Studium Forschungsaufenthalte in New York, Istanbul und Rom. Sie lebt und malt vorwiegend in Berlin und arbeitet seit 2011 stetig in einem künstlerischen Projekt in Johannesburg  zusammen mit dem Landschaftsarchitekten Wesley de Wit.
Galerien in Tokyo, Lissabon, Paris, Berlin und Dresden zeigen kontinuierlich ihre Arbeiten

Galerie in Berlin

Galerie Gebr. Lehmann

 Einblick in das künstlerische Werk von Tatjana Doll 

Tatjana Doll: Brave Men Run in My Family

Container

Dolls Malereien zeigen Airbusse, Züge, Containerschiffe, Stadtmobilar, fetischisierte Autos, die das Material ihrer Malerei, die Lackfarbe, bestätigen und sich darin gemein sind, dass sie statische oder mobile Aufbewahrungscontainer sind. Auf den übergrossen Formaten gemalt, suggerieren sie ähnlich ein räumliches Gefühl in der Begegnung von Fahrzeugen im Original. Die Leinwände stellt sie im Anschluss in den Stadtraum, auf den Bahnsteig, auf die Autobahn oder in den Ozean und fotografiert das Ganze. Selbst nennt sie diese Bilder „Real Paintings“. Manchmal animiert sie die Szene und evoziert zum Beispiel einen fahrenden Zug.

Tatjana Doll: PICT Casa Blanca

Piktogramme

Einige der gemalten Piktogramme von Tatjana Doll beeindrucken durch schiere Größe, manche durch den satten Lack, in ihrer Ambivalenz von gewohnt Eindeutigem aus dem Straßenverkehr oder öffentlichen Innenräumen. Piktogramme der Schilder, die Verbote oder Hinweise auf „Ausgang“, „Treppenhaus“ oder „Toilette“ liefern, unseren Alltag organisieren und auf Konsens basieren. Vergrößert gemalt und ausgestellt erscheinen die massenhaft identisch gefertigten Piktogramme wie deplazierte Schilder, als Gegenbilder zu industriellen Fertigung, und die gemalten Isotypen werden zu ihren eigenen Individuen.

Oder Doll malt eine Serie von 26 kleinformatigen Kopfpiktogrammen, die sich geringfügig je im gesetzten schwarzen Kreis mit einem schwarzen Balken für die Schulter unterscheiden und alle einzeln bezeichnen einen Buchstaben des Alphabets, bzw. im Titel erweitert den Vornamen eines Malers der Kunstgeschichte. Als ganzes Konvolut sind sie ein Malereialphabet.

Neben einem „echten“ Schild, das den Standort eines Feuerlöschers markiert, hängt seine x-fache Vergrößerung. Die Zeichen lösen sich in Malerei auf. Die Farbe ist satt träufelnd mit Fliessspuren und Spritzern.

 

Tatjana Doll und Malereikonen – „RIP“

In der Serie „RIP“ greift Doll bekannte und weniger bekannte Gemälde der Kunstgeschichte wieder auf und ‚übermalt’ sie in ihrem charakteristischen künstlerischen Stil. Wie eine Diebin stiehlt sie in verschiedenen Kunstepochen markante Gemälde von Vermeer über Caspar David Friedrich, Eugéne Delacroix, James Ensor, Picasso, Max Beckmann,  Rene Magritte, Willem de Kooning, Francis Bacon, Balthus, Maria Lassnig bis hin zu Marlene Dumas und Eberhard Havekost, um sie nocheinmal in Lackfarbe zu malen. Einerseits zerstört der Lack  als Material die Aura dieser kunstgeschichtlichen Tafelbilder, aber gleichzeitig bestätigt er sie um so mehr, allerdings nicht durch den Lack als Fetischmaterial, sondern im Schock des Realen.

Tatjana Dol: -Im Westen Nichts Neues, Ausstellungsansicht

Schock des Realen

Dolls Kunst aus dem menschlichen Alltag erinnert an Fragestellungen der amerikanischen Pop-Art-Künstler, die bedeutungslose Gegenstände um ein Vielfaches vergrößerten, diese zu den Protagonisten ihrer Arbeiten machten und in Serie produzierten. Nun sind es nicht Suppendosen, sondern Highlights technischer Höhepunkte, mit denen sich Doll beschäftigt und ihre Serien sind je eine andere Malerei, z.B. eines anderen Fahrzeugtyps oder eine andere Ausgangsmasse von Farbe.

Die Serie ist hier ein Prinzip, dem Exzess zu begegnen und immer wieder mit Einfachheit zu konfrontieren, denn darin ist die Realität multidimensional.

Serien als Themenarchive

Im Seriellen bietet Dolls Werk eine Bestandsaufnahme an: „Container“ greift die farbenfrohe Gestaltung der Frachtcontainer auf, die zu Tausenden aufeinander gestapelt sind. „VEHICLE_Truck“ sind gemalte Geldtransporter, Krankenwagen und andere Lieferfahrzeuge  und „SPEED_Air“ – Airbusse. Für die Serie „AD Marlboro“ verwendet sie die Cowboy-Fotografien von Richard Prince. Und unter dem Titel „DUMMY_Emma“ erscheinen Frauen der Playboy-Covers, „RIP“ archiviert ihr gemaltes kunstgeschichtliches Diebesgut, „PICT“ versammelt Malereien, die sich auf unser universalen Zeichensystem beziehen,  TYPO sind einfach gemalte Mitteilungen wie, „Don`t wait, I am in my studio, best Tatjana“.

Tatjana Doll: PIKT DANGER Tollwut

Tatjana Doll malt und zeichnet mit Graffiti-Effekt

Mit Graffiti verbindet Doll nicht nur die Wahl der Motive, sondern eine sehr einfach gehaltene Ausführung, ein Motiv vorzuführen. Die Künstlerin malt und „zeichnet“ mit Lack. Sie kalkuliert mit der Lackfarbe Farbverläufe, Wellen, Risse und ‚Nasen’, sie werden mit zum Bildinhalt und blickdynamisierend. Fest, stark und undurchdringlich wird Lack sonst oft als Schutzschicht für Oberflächen verwendet. In Tatjana Dolls Arbeiten versiegelt er das, was er selbst hervorbringt, er zersetzt das Motiv durch seine unsachgemäße Anwendung.

Der Alkydharzlack ist für die Künstlerin ein „Toxic Chemical“. Das Bewusstsein der giftigen Wirkung, die Anerkennung der chemischen Kraft und die Liebeserklärung gegenüber diesem bevorzugten Malmaterial domestizieren das auserwählte Bildmotiv. Da ist einmal der Hinweis, dass die toxische Substanz lebensgefährlich ist, als auch eine „Warnung“, unsere üblichen Denkmuster und sozialen Bedingungen zu zersetzen.

Tatjana Doll: Kurze Biographie

Tatjana Doll wurde 1970 in Burgsteinfurt in Nordrhein-Westfalen geboren und studierte Malerei an der Kunstakademie Düsseldorf . Seit 2009 ist sie Professorin für Malerei an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Karlsruhe. Tatjana Doll malt und forscht in einer Maschinenhalle in Berlin Wedding.