Der ferne Fokus, ein Gespräch mit Martina Stock

Interview 

Der ferne Fokus, ein Gespräch mit Martina Stock

Als wir Martina Stock, die momentan im Artist in Residence Programm der Stiftung Starke im Löwenpalais arbeitet besuchen, hat sie soeben erfahren, dass die Stadt Salzburg ihren 2 x 4 Meter großen Serigrafen „Salzburg“ gekauft hat. Für die gebürtige Österreicherin und notorisch Reisende, eine große Ehre! Gerade erst ist sie aus Japan zurückgekommen, wo sie das beliebte Lichtfestival „Smart Illumination Festival Yokohama“ mit einer Performance eröffnet hat. Morgen, Samstag den 18. November, könnt ihr der Künstlerin ab 15 Uhr, live bei der Arbeit über die Schulter gucken und danach noch einen schönen Spaziergang durch den Grunewald machen!

4 G34 H34 New York 130 x170cm 2017

G34 H34 New York 130 x170cm 2017

Du kommst gerade zurück aus Tokio wo du das SMART ILLUMINATION FESTIVAL YOKOHAMA in Kooperation mit der SPIRAL GALLERY (Tokyo) mit einer Performance eröffnet hast, wie ist das zustande gekommen?

Martina Stock für ARTBerlin-0066 1Ich war privat im Mai auf Inspirationsreise in Tokyo. Ich habe mir angewöhnt vor Ort immer Kontakte zu einheimischen Kunstschaffenden zu knüpfen und das geht am Besten über die (Österreichische) Botschaft, wenn man dort niemanden vorher kennt. Im Gespräch wurden interessante Personen/Institutionen genannt, die ich kontaktieren könne. Also habe ich mich auf den Weg zur Spiral Gallery gemacht mit dem  Wunsch in 2018 eine Ausstellung machen zu können. Ich habe dort meine neuen Kataloge präsentiert und die Macher waren sehr angetan von meiner Arbeit.  Als nächstes kam dann sofort die Frage ob ich es mir vorstellen könnte die Eröffnungsperformance in Rahmen des Festivals noch in diesem Jahr zu machen! 2 Stunden später saß ich zur Rush Hour in Tokyo im Zug der „Jr-Line“ Richtung Yokohama. Manchmal geht es schneller als gedacht, so schnell das ich im ersten Moment dachte die machen sich einen Spaß!

Bei ausgewählten Projekten unterstützt Stock ihre Bilder mit Licht, bei Eröffnungsabenden mit einer Performance aus Serigrafie – Harfe – Licht.

Martina Stock für ARTBerlin-0253 1

In deinen Serigrafien gibt es große Diskrepanzen. Neben den klar erkennbaren Häuserschluchten und urbanen Strukturen der Großstadt, können deine Arbeiten so konträre Gefühle wie Leere und Endgültigkeit, aber auch Klarheit hervorrufen, nur um sich dann im Gegenzug in einer Art verwirrenden Poesie, die Strukturen der Architektur fast komplett auflösend, darzustellen.

G8H8 Serigarfie auf Leinwand 90x140cm 2014

G8H8 Serigarfie auf Leinwand 90x140cm 2014

Mich faszinieren seit jeher die Unterschiede. Ich bin ein Berg Kind, aufgewachsen in den Alpen. Einerseits ist diese Landschaft sehr schön, anderseits oft auch bedrohlich, je nach Jahreszeit und Wetter. Mit diesen Gegensätzen bin ich groß geworden. Hochhäuser in den Mega Citys dieser Welt haben eine ähnliche Faszination für mich. Wunderschön aus der Ferne oder bei Nacht, wenn sie im Licht der Stadt erstrahlen. Bedrohlich, wenn man davorsteht und an ihnen hochschaut. Nicht umsonst heißt es „Häuserschluchten“.

Hochhäuser hatten mich immer schon fasziniert, das Streben nach oben oder „ganz oben zu stehen“ hat für viele einen großen Reiz.

Außerdem sind Häuser der Idee eines Kreativen entsprungen, des Architekten. Für mich ist es sehr reizvoll, diese Idee neu zu interpretieren und sie in meinen Bildern Schicht um Schicht wieder neu aufzubauen, sie kommen so in eine neue Welt und in eine neue Umgebung, einen anderen Kontext. Ich versuche geometrische Formen aufzubrechen und sie ins malerische zu bringen, das ist mein Ziel. Auseinanderzunehmen und neu aufzubauen, in meinen besonderen Farbwelten – oft wunderschöne Architektur in ein neues Licht zu rücken und damit etwas unverwechselbar Neues zu schaffen.

Martina Stock für ARTBerlin-0160 1

G9H9 I II Serigrafie auf Leinwand

G9H9 I II Serigrafie auf Leinwand

Ich finde gerade Architekten verbringen viel Zeit damit, eine künstlerische Idee, ins Machbare zu transportieren. Die Idee muss am Ende gebaut werden und „bau bar“ sein. Das ist ein langer Prozess und oft muss man seine Idee vor vielen Menschen verteidigen, sich in öffentlichen Prozessen Kritik aussetzen, bevor das Werk entstanden ist. Das ist aus meiner Sicht eine große Herausforderung für jeden Kreativen. Ich kann mit meiner Kunst diese Grenzen außer Acht lassen und schaffe neue Gebäude in einer anderen Welt. Die Architektur ist meine Muse und inspiriert mich zu neuen Welten.

Martina Stock für ARTBerlin-0026 1

Salzburg 2017 4 x 2 m Serigrafie auf Leinwand 2017 - Das eindrucksvolle Siebdruck Unikat hängt im öffentlichen Raum, im historischen Rathaus der Stadt Salzburg

Salzburg 2017 4 x 2 m Serigrafie auf Leinwand 2017 – Das eindrucksvolle Siebdruck Unikat hängt ab sofort im öffentlichen Raum, im historischen Rathaus der Stadt Salzburg.

Wie entstehen diese sehr unterschiedlichen Schwingungen, wenn wir vom technischen Schaffensprozess mal absehen? 

Das ist ein künstlerischer Prozess….Jede Stadt hat Gegensätze. Ich bilde diese Gegensätze natürlich auch in meinen Bildern ab, was vorher passiert – ist mein persönlicher künstlerischer Prozess. Meine Bilder entstehen während des „Druckens“…ich habe eine Vision, aber da ich ja quasi Blind arbeite, entsteht während dieses Prozesse diese Welt.

Manchmal brauchen meine Bilder einen harten Schnitt und manchmal nicht.

Martina Stock für ARTBerlin-0111 1

Du gehst bald nach Shanghai erzähl uns bitte was da passiert!          

Shanghai habe ich auf Ende nächsten Jahres verschoben. Im Moment konzentriere ich mich auf eine große Berlinserie, eine Einzelausstellung in Leipzig/Frankfurt/Wien und bereite eine Ausstellung in Kooperation mit London vor.  Und dann erfülle ich mir einen langgehegten Traum: ich mache eine Serigrafie in den Maßen 10 x 20 m, was einer der größten künstlerischen Serigrafien weltweit werden wird. Darauf freue ich mich sehr und wird auch die Hauptkonzentration erfordern.

MARTINA STOCK – OPEN STUDIO

Samstag, 18. November, 2017

15.00 Eröffnung
16:00 – 18:00 Harfe | action printing | Tokyo experience
bis 20 Uhr

Löwenpalais, Stiftung Starke – Koenigsallee 30, 14193 Berlin

TIP! Der Bus M19 fährt direkt vor die Haustür, Haltestelle Hasesprung aussteigen!

Photo Credit: Martin Peterdamm Photography