Deine erste Platte?
Maike: Das rote Beatles Album
Oliver: Das blaue Beatles Album
Welchen der Rockstars die ihr schon gezeichnet habt, würdest du gerne live sehen wenn du könntest?
Maike: The Doors, das Whiskey ‚A‘ Gogo Konzert in L.A.
Oliver: Ich wäre gern beim Exploding Plastic Inevitable im Dom In New York mit Velvet Underground gewesen.
Was war der Auslöser für dich als junger Mensch Kunst zu studieren, kannst du dich an ein konkretes Erlebnis erinnern?
Oliver: Ich war selbst in meiner Jugend dem Theater sehr angetan, bis ich merkte, dass ich was schaffen wollte ohne zu viel Zeit mit anderen sinnlose Diskussionen und ewigen Kompromissen zu verschwenden, sodass ich mich erst mit Konzeptkunst und Installationen beschäftigte, später dann Freie Kunst an der Akademie in Düsseldorf zu studieren.
Maike: Es war für mich von Anfang an klar, auch wenn es damals als Frau nicht so leicht war, und man gegen viele Klischees ankämpfen musste. Ich bin heute noch dankbar, dass meine Familie mich in manchmal schwierigen Zeiten in dieser Männerdomäne so unterstützt hat, was leider auch nicht selbstverständlich ist.
Wie hat sich Berlin damals angefühlt als ihr angefangen habt hier zu studieren? Es war ja 1995, Höhepunkt der Techno Bewegung.
Berlin war eine Befreiung und sensationell, man wurde wurde mit der Geschichte der Stadt sofort an jeder Ecke in Ost-Berlin konfrontiert. Die Freiheiten in dieser Zeit boten allen schier unbegrenzte Möglichkeiten. Man konnte beispielsweise in der Alten Schönhauser Straße 4 in einem Studio arbeiten, wo nur die Nebenkostenabrechnung zu bezahlen war. Heute Leben und arbeiten wir in der Straße zwar immer noch, aber wir denken gern an die Zeit in der 4 zurück.
1994 lernen sich die beiden an der Düsseldorfer Akademie bei Alfonso Hüppi kennen, als Oliver damals dazu kam. Zu dieser Zeit war Maike seit drei Jahren in der Klasse. 1995 zogen die beiden dann nach Berlin, wo sie bis 1997 gemeinsam an der Hochschule der Künste bei Katharina Sieverding studierten. Ab da treten die beiden nur noch als Duo unter dem Namen Abetz & Drescher auf.
Wie kam es zu dieser Entscheidung?
Es gab immer regen Austausch zwischen uns und wir ersuchten immer gegenseitigen Rat, irgendwann war der eine beim anderen so stark in der Arbeit und es fühlte sich richtig an.
So kam es zu einer Double Vision.
Es geht hier ja nicht nur um eine gemeinsame Geisteshaltung, sondern auch in Bezug auf die Maltechnik und Herangehensweise?
Wir beziehen uns auf unterschiedliche Epochen von der Renaissance bis zur Popart. Wir haben einen gemeinsamen, sofort wiedererkennbaren Stil entwickelt den wir mit Acrylfarbe auf die Leinwand bringen. Unsere Bilder haben der Welt etwas mitzuteilen. Jeder hat so seine Rituale. Musik darf nicht fehlen. Das ist die gemeinsame Herangehensweise.
Christoph Tannert, Kurator des Kunsthaus Bethanien und Kunstkritiker hat vor einigen Jahren zu euren Arten geschrieben:
Zu den Arbeiten von Maike Abetz und Oliver Drescher: „Das Erstaunlichste an diesen Bildern ist, dass sie sich den derzeit üblichen Klangidealen komplett verweigern. Hier brausen nicht die im Studio zu Tode komprimierten Klangblöcke auf, die heutzutage als Härte gelten. Alles in diesen Bildern ist weich, fließend, ornamental, fluorescent adolescent unter umgekehrten Vorzeichen.
Ist diese Verschleierung der Symbole Absicht, oder ergibt sie sich im Prozess eurer Arbeit?
Es ist Malerei, die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft durch Symbole so miteinander verschmelzen lässt, dass der Betrachter individuell Schlüsse daraus ziehen kann und zum Teil erkennen muss das Zeit nicht linear verläuft, sondern eine Schlaufe bildet.
Dennoch fühlt und sieht man im Vergleich von älteren zu den ganz neuen Arbeiten wie Avantgarde, große Unterschiede. Was ist passiert?
Durch die vielen Möglichkeiten und die unfassbare Resonanz im letzten Jahr alleine, fühlen wir eine neue Freiheit- eine Freiheit die Ideen liefert und ganz neue Dimensionen öffnet.
Wer sich bei Maike und Oliver umsieht, erkennt sofort das es keine Trennung gibt zwischen dem Inneren und Außen. So wie sich die beiden in ihren Arbeiten auflösen und hineingeben, strahlt es unweigerlich aus, auf das direkte Umfeld. So gehen auch Atelier und Wohnbereich in einander über, verbunden durch die Murals an den Wänden, und vor allem dem Licht.
Und tatsächlich erfahren wir im wahrsten Sinne des Wortes genau hier in ihrem geschaffenen Raum, den im Pressetext erwähnten Äther, der uns fast wie eine greifbare Substanz „erscheint“, milchig-strahlend und fluoreszierend.
Oliver dazu:
Licht ist das Medium der Malerei, Licht ist Farbe, Licht leuchtet zurück und wirft farbige Schatten. Wir erzeugen mit der Malerei in unseren Bildern ihr eigenes Licht, dass auf alles zurückstrahlt.
Die klassische Moderne in Deutschland, aber auch die Renaissance in Europa hat euch maßgeblich beeinflusst. Warum?
Sowohl die Renaissance in Europa als auch der Klassizismus berufen sich auf das antike Griechenland. Wir streben nach dem platonischen Ideal. Für uns sind Musiker wie Bob Dylan oder John Lennon wie Homer: Die griechischen Götter sind nicht gestorben, sondern als Rock Songs und Gitarrensounds reinkarniert.
Und so hat die Ausstellung und auch ihr Titel „Dawn of Tomorrow“ zwei Seiten, eine Verheißung auf das Morgen, in dem die Ideale der 60er Jahre wieder heraufbeschwört werden, und gleichzeitig erinnern mich ihre Bilder in all ihrer farbigen Schönheit und Strahlkraft an den Swimmingpool aus F. Scotts Fitzgeralds´s Meisterwerk „Der große Gatsby“. Fitzgerald verstand es den Pool als etwas zu sehen in dem man nicht nur schwimmen, sondern auch ertrinken kann.
Abetz & Drescher sind sich der Zeichen der Zeit sehr wohl bewusst und das transportieren sie auch in ihren Arbeiten. Auf schrecklich schöne Weise.
Gatsby glaubte an das grüne Licht, an die wundervolle Zukunft, die Jahr für Jahr vor uns zurückweicht.
Damals entwischte sie uns, aber was machte das schon?
Morgen laufen wir schneller, strecken die Arme weiter aus …
und eines schönen Tages –
So kämpfen wir weiter, wie Boote gegen den Strom. Und unablässig treibt es uns zurück in die Vergangenheit.
ABETZ & DRESCHER | DAWN OF TOMORROW
28.4. – 28.5. 2017
Mittwoch bis Sonntag 12.00 bis 18.00 Uhr
MagicBeans Gallery, Auguststr. 86, 10115 Berlin
www.magicbeans.gallery
photo credit: Simon Gentry & Martin Peterdamm