Julian Rosefeldt, My home is a dark and cloud-hung land, 2011, Lightjet-Print, 80 x 120 cm | 31.5 x 47.24 in Edition 1
Meine erste Begegnung mit Julian Rosefeldt
Ich erinnere mich noch genau wie ich 2011 im Jüdischen Museum Berlin gefesselten Blicks vor seiner Videoinstallation mitten im dunklen Wald stand. „Heimatkunde“ hieß die Ausstellung und trug zusammen, was uns immer noch Unbehagen macht. Was ist typisch deutsch? Wie leben wir unsere Heimat mitsamt kollektiven Schuldbewusstsein und gewissen Fußball WMs, die uns mit jener Frage herauszufordern.
Ein Mensch, der seine Erinnerung, sein Gedächtnis verloren hat, ist in einer illusorischen Existenz gefangen. Er fällt aus der Zeit heraus und verliert damit die Fähigkeit zu einer eigenen Bindung an die sichtbare Welt. Das heisst, dass er zum Wahnsinn verurteilt ist.
Schreibt Andrej Tarkovskij.
Julian Rosefeldt, der in München geboren wurde und seit dem Ende der 90er in Berlin lebt, ist für mich einer der interessantesten und poetischen deutschen Künstler. Er arbeitet schon seit 20 Jahren in seinen Fotoarbeiten, Film- und Videoinstallationen mit der bundesdeutschen Geschichte und der Frage nach nationaler Identität und den Mythen, die sich darum ranken.
Julian Rosefeldt, Piero Steinle Detonation Deutschland (3a), 1999, b/w photographs Lambda-Prints, Dia-Sec-framing framed 90 x 120 cm, Edition
Die Titel seiner Arbeiten sprechen für sich: Detonation Deutschland (1996), News (1998), Deep Gold (2013), Stadt im Verborgenen (1994), München – Die unbekannten Kathedralen (1995), Archiv der Archive (1995), Hidden City (1994/2010), The Ship of Fools (2007), American Night (2009) und Meine Heimat ist ein düsteres, wolkenverhangenes Land (2011). In letzterer reinszeniert Julian Rosefeldt in einer Mischung aus Pathos, Tragik und Komik ein romantisches Naturerleben und den Zwiespalt einer deutschen Befindlichkeit, die ideologische Naturüberhöhung, die Nostalgie und mystischen Naturerfahrung, die mit einer kulturell reichen Vergangenheit verbunden. Man schwankt zwischen Einsamkeit und Verbundenheit, Sehnsucht und Verlorenheit. Dieses Ziehen in der Brust, wenn man Heimweh hat, trifft es als Gefühl dafür vielleicht am besten.
Julian Rosefeldt in der Galerie ARNDT Berlin
Dass Antworten auf seine Fragen aktueller und notwendiger sind denn je, zeigen die in Europa wachsenden Feindbilder der Euroskeptiker und Rechtspopulisten, die Wahlerfolge von national radikalen Politikern und vielleicht auch das Spiel Deutschland gegen Brasilien, das zumindest in meinem Freundeskreis für kontroverse Gefühle gesorgt hat.
Die Galerie ARNDT Berlin, die seit zehn Jahren mit Julian Rosefeldt zusammen arbeitet, hat mit dem Künstler einige aus den oben genannten Arbeiten ausgesucht und eröffnet am Dienstag, den 15. Juli 2014 eine sehenswerte Ausstellung mit Foto- und Filmarbeiten und dem Titel Meine Heimat ist ein düsteres, wolkenverhangenes Land. Die Arbeit dazu war übrigens nicht nur im Jüdischen Museum Berlin, sondern auch 2012 in Rosefeldts großer Retrospektive im Taipei Fine Arts Museum, im gleichen Jahr in der Kunsthalle Wien sowie Anfang 2014 im Kunstmuseum Magdeburg zu sehen.
Unter den ausgestellten Werken sind:
Meine Heimat ist ein düsteres, wolkenverhangenes Land (2011), Filminstallation und Fotoarbeiten
The Ship of Fools (2007), Fotoarbeiten
Detonation Deutschland (1996), Fotoarbeiten
Archiv der Archive (1995), Fotoarbeiten
Hidden City (1994/2010), Fotoarbeiten
Wer mehr über ARNDT Berlin wissen mag, hier ist die Galerie im ARTberlin Galerieführer: ARNDT Berlin
Opening: Julian Rosefeldt bei ARNDT Berlin
Dienstag, 15.7.2014, 18 – 21 Uhr // Laufzeit der Ausstellung bis 20. August 2014
Postdamer Strasse 96// Berlin