Hiscox Kunstpreis: Verleihung in Hamburg

 

Hiscox Kunstpreis: Verleihung in Hamburg

Zum achten Mal in Folge wurde letzte Woche der mit 7.500 € dotierte Hiscox Kunstpreis in Hamburg vergeben. Die Geschichte dahinter ist herrlich Britisch. Interview

In Zusammenarbeit mit der Hochschule für Bildende Künste in Hamburg (HFBK), fördert der Spezialversicherer Hiscox mit dem Kunstpreis junge Künstler. Wer in der letzten Woche das Glück hatte, die Ausstellung der acht Künstler, die in der Auswahl für den Hiscox Kunstpreis waren zu sehen, traf auf eine bis an den Rand gefüllte Ausstellung im Kunsthaus Hamburg. Ausgewählt werden die jungen Künstler durch eine Vorauswahl der HFBK, auf die eine weitere Ausdünnung durch eine externe Jury folgt, welche dann final auch die Arbeiten der Finalisten bewertet und den Gewinner bestimmt. In der Jury saß dieses Jahr unter anderem Johanna Neuschäffer, Leiterin des Projektraum EIGEN + ART Lab Berlin, sowie der international bekannte Künstler und ehemaliger Meisterschüler bei Prof. Arno Rink, Tim Eitel, der in Paris lebt und lehrt. Roman Gysin. Foto: Edward Greiner Sebastian Wiegand. Foto: Edward Greiner   Die Jury bei der Arbeit / FotoYujinJung

Wie der Hiscox Kunstpreis entstand.

Versicherungen an sich, sind ja nun nicht wirklich sexy, allerdings sieht die Sache anders aus, wenn es um den Britischen Spezialversicherer Hiscox und dessen Entstehung geht, wie ich sehr schnell bei meiner Recherche feststelle. Bestätigt wird mir dieser Eindruck dann auch im persönlichen Gespräch mit Robert Read, das ich während der Zugfahrt nach Hamburg führen konnte. Read seines Zeichens Head of Fine Arts und seid über 25 Jahre bei Hiscox in London, ist nicht nur das Paradebeispiel eines Britischen Gentlemans, er hat auch den dazu passenden Humor. Sagen wir es einmal so, der gesamte Speisewagen und ich, haben sich angeregt unterhalten. Seinen Anfang nahm das Versicherungsgeschäft im Jahr 1688 im Kaffeehaus Lloyd’s. Möglich macht es die damals typische Englische „mentality of making a wager“ auf Deutsch übersetzt, die schon fast notorische Angewohnheit gut betuchter Geschäftsmänner auf alles zu wetten was möglich war: in diesem Fall auf die sichere Rückkehr der nach Indien auslaufende Schiffe. Zucker und Zimt wurden damals hoch gehandelt. Ziemlich abenteuerlich das Ganze, ohne jegliche Sicherheiten und dadurch natürlich mit einem hohen Risiko, aber auch großen Gewinnen verbunden. Diese Mentalität war Inspiration und Basis für den Spezialversicherer Hiscox, der 1901 als Underwriter bei „Lloyd´s of London“ startete, und seid 1946 mit dem Einstieg von Ralph Hiscox seinen Namen bekam. 1967 stieg sein Sohn Robert Hiscox in das Konsortium mit ein und brachte die Felder „Fine Arts“ und „Personal Accident Insurance“ in das in London Börsennotierte Unternehmen. Lange hatte Hiscox nicht nur das Monopol auf Luxuspolicen, sie waren auch die ersten, die Entführungs- oder Lösegeldpolicen anboten. Und natürlich die Versicherung von privaten, millionenschweren Kunstsammlungen.

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Die Leidenschaft des heutigen Chairmans Robert Hiscox für das Sammeln von Kunst ist legendär, eimal darauf angesprochen entgegnet er trocken:

Wissen Sie, in diesem Geschäft sitzen wir sehr oft in vielen und langen Meetings, da ist es sehr willkommen, wenn man auf ein besonderes und stimulierendes Bild an der Wand schauen kann.

Robert Read, der übrigens Philosophie studiert hat und nicht BWL, sieht das ähnlich, denn

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Neben der legendären Kunstsammlung, die Hiscox seit Anfang der 70er Jahre aufgebaut hat, liegt ihnen die Förderung derselbigen ernsthaft und aus echter Leidenschaft am Herzen. Read erzählt, dass sich diese in zwei Bereiche aufteilt. Zum einen gibt es die kommerziellen, mit hohen Sponsorensummen gefüllten Fördertöpfe. Zum anderen für die Liebhaber-Projekte, die aus einem rein philantropischen Ansatz heraus gefüllt werden. So hat Hiscox zum Beispiel lange Jahre die Galerie „White Chapel“ aus dem eigenen Kiez in London unterstützt.

Because, well you know, support your local art dealer!

Nach seiner ersten, persönlichen Inspiration in der Kunst gefragt, nennt Robert Read sofort Cézanne, den er als Jugendlicher entdeckt hat und bis heute als Game Changer ansieht, der die üblichen Strukturen und Sichtweisen zerlegte und auflöste und dadurch seiner Meinung nach, maßgeblich die Kunst des 21. Jahrhunderts beeinflusste. Man merkt hier sitzt ein Mensch gegenüber der die Kunst liebt, scharf hinsieht, offen ist und seinen Job liebt. Gefällt uns.

Der Gewinner des Hiscox Kunstpreis: Alexander Pröpster

„Die Kunst ist eine Vermittlerin des Unaussprechlichen“ hat Goethe einmal gesagt, und genau an dieses Zitat erinnern wir uns, als wir Abends im Kunsthaus vor den Arbeiten von Alexander Pröpster stehen. Später wird er einstimmig von der Jury als diesjähriger Gewinner bekannt gegeben. Zu recht, wie wir finden. Alexander_Proepster_Portrait_FotoEdwardGreinerAlexander_Proepster_Holzwegbeschreibung_FotoLukasEngelhardt Einer der vier Studenten der HFBK, die den Besuchern die einzelnen Arbeiten auf Wunsch erklären, erzählt mir, dass der Ausgangspunkt für seine Arbeiten der Tag war, als Pröpsters Hund bei einem Spaziergang verschwand. Zwei  lange Jahre widmetet er sich der Suche nach seinem Hund. Gab unzählige Suchanzeigen auf, war im Fernsehen, im Radio, zeichnete Karten, recherchierte Wege, folgte unzähligen Hinweisen. Am Ende verlor er die eigene Wohnung, schlief bei Freunden und auch oft im Wald, er bewegte sich oft tagelang auf dem Land und in Gegenden wo es nur noch vereinzelte Reiterhöfe gibt. Im Wald richtete er an bestimmten Stellen Stationen ein, in denen er die Polaroids verstaute die er als Erinnerungsstütze für den richtigen Weg geschossen hatte. Als er eines Tages einiger dieser Polaroids ansehen wollte, waren diese durch die Feuchtigkeit nur noch ein zusammengeschmolzener, abstrakter Klumpen. Sie hatten ihre Funktion verloren, waren nicht mehr lesbar. Er beschloß wieder zu arbeiten und weiter zu studieren, zurückzukehren und die gesammelten Hinweise und Eindrücke zu verarbeiten und verließ so die Parallelwelt in der er zwei Jahre lang gelebt hatte.

Alexander Proepster. FotoE: dward Greiner

Alexander Proepster. FotoE: dward Greiner

Die radikale Konsequenz dieser manischen und bis ins letzte Detail systematischen Suche, aber auch seine mittlerweile ironische Sicht auf diese, findet man in dem Auszug „Holzwegbeschreibung“ wieder. Im Gespräch sagt uns Pröpster, dass er das Bedürfnis hatte die Ergebnisse seiner Suche, all die Hinweise aufzuschreiben, auch wenn es keinen Sinn ergeben würde. Immer wieder sehe ich Besucher ganz nah an seine in engen Reihen geschriebenen Zeilen heran treten, man möchte diese berühren, verstehen. Die Magie und die Schönheit des Waldes und der Tiere, wie ein Reh das auf einmal vor dir steht und dich ganz klein fühlen lässt, wie er erzählt, und das „Sein“ im Wald finde ich in dem gezeigten Bild „Vögel und Steine“ daneben wieder. Berührt und in mich versunken verlasse ich nachdenklich das Kunsthaus und gehe hinaus in den nächtlichen Regen.

Im Wald schlafen wir tief im Schatten unseres Verstandes.