Miriam Jonas. Zwischen Humor und unheimlicher Klarheit

Interview 

Miriam Jonas. Zwischen Humor und unheimlicher Klarheit

Interview mit der jungen Bildhauerin Miriam Jonas. Sie eröffnet am 14. März in der Galerie Gebrüder Lehmann.

Miriam Jonas

Miriam Jonas: Dont fall. Bad Gastein 2013

Miriam Jonas: Eine junge Bildhauerin im Berliner Atelier 

Im Kopf geblieben ist uns die junge Bildhauerin Miriam Jonas (*1981) nach der letztjährigen Kunstresidenz in Bad Gastein. Typischerweise waren es dort die kleinsten Spuren, die den größten Nachhall hatten. Ihre sieben Messingschilder hatte sie über den Ort verteilt an klug ausgesuchten Stellen platziert. Eine klebte an der Brüstung der Wasserfallbrücke und trägt die Aufschrift „Don’t fall“.  Sie bemerken konnte nur, wer genau hinsah, aber dann entfalteten sie ihre Wirkung mit ordentlich Nachhall. Auch ihre Installation „Alias“ die sie 2013  in der Orangerie des Schlosses von Rheda aufgebaut hat, ist ein gutes Beispiel für diese Sogwirkung ihrer Arbeiten.

Zurück in Berlin, ist im Moment einiges los bei der jungen Künstlerin. 

Am 14. März wird sie in der Galerie Gebrüder Lehmann in der Gruppenausstellung „About Blank I“ zwei neue Arbeiten zeigen. Eine davon ist eine kinetische Audioskulptur, die eine Art weißes Rauschen von sich gibt. Dieses wiederum lässt sich als roten Faden verwenden, der sich durch das Werk von Miriam schlängelt. In Ihren Arbeiten scheint sie stets, den dem jeweiligen Ort innewohnenden Grundton zu extrahieren.  Räume und Orte erschließt sie sich mit einer Klar- und Heiterkeit, die sich schwerelos genießen lässt. Manche bezeichnen diese als den Jona’schen Zauber.

Grund genug, uns mit Miriam Jonas in ihrem Atelier zu treffen, wo sie gerade an einer Reihe von gefliesten Wandskulpturen für zwei Auktionen arbeitet. Bäder faszinieren sie.  Das Pendeln zwischen Reinheit und schönem Schein, der langsam bröckelt, der vorgegaukelten, ästhetischen Sterilität.

Am Ende ist dann doch immer etwas undicht, sagt sie.

Miriam Jonas:

Auswahl zu Miriam Jonas` Arbeiten 

Miriam Jonas: Ich verwandle Klarheit in Ästhetik 

Liebe Miriam, erzähl uns bitte ganz kurz wie dein bisheriger Werdegang war und wie dir Berlin als Künstlerin gefällt.

Vor meinem Studium an der Kunstakademie Münster bei Katharina Fritsch, Maik und Dirk Löbbert und als Gaststudentin bei Ayse Erkmen habe ich eine klassische, handwerkliche Ausbildung am Theater zur Bühnenmalerin und –plastikerin gemacht. Ich schuf Bühnenbilder und „Großkostüme“  – sozusagen „Skulpturen zum Anziehen“. Für meine Entwicklung war das wichtig , da ich einen sehr engen Bezug zum Objekt kennenlernen durfte.

Ich mag Berlin, weil die Infrastruktur der Stadt perfekt ist, um meine Projekte zu realisieren und weil sich hier Künstler untereinander so gut austauschen.

Foto: Raphael Mathes

In deinen Arbeiten fällt mir immer eine ganz besondere Feinheit auf, wie erschaffst du diese, woher kommt diese?

Feinheit in der Umsetzung setzt die Klarheit im Erkennen des Wesentlichen für mich voraus. Das kann in den unterschiedlichsten Bereichen passieren, aus denen ich dann eine Arbeit entstehen lasse: Die Geschichte eines Ortes, die Atmosphäre, ein Duft, ein Gegenstand, ein Material.

Irgendwo macht es Klick! und ich erkenne etwas Ungewöhnliches, was vorher unscheinbar war.

Es wird plötzlich sehr deutlich und präsent. Diese Klarheit versuche ich zu materialisieren und ihr eine Ästhetik zu geben. Damit schaffe ich nicht nur eine Offenheit für mich, sondern für jeden Betrachter. Das lockt an. Man wird nicht von einem Übermaß an Informationen überrollt, sondern hat Raum für eigene Verbindungen. Ich baue die Bühne dafür und das möglichst auf den Punkt gebracht. Dabei hilft mir meine handwerkliche Erfahrung. Ich lasse unwichtige Produktionsprozesse unsichtbar, denn es geht mir nicht darum, wie etwas entstanden ist – auch wenn ich das immerzu gefragt werde – sondern dass es jetzt da ist.

Foto: Raphael Mathes

Oft scheint es als hätten sich deine Skulpturen einfach in den Raum materialisiert.  materialisiert…

Ja, das Material in seinem räumlichen Kontext ist sehr wichtig und oft mein Ausgangspunkt. Gleichzeitig stelle ich es fast ohne Bearbeitungsspuren dar. Die Idee dahinter ist, dass es so in den Vordergrund und seltsamerweise gleichzeitig auch zurück tritt. Es ist einfach da und wird absurderweise funktional. Meine Arbeiten erscheinen oft sehr clean, sehr genau, daher wohl auch fein, wie du sagst. Das mag ich. Das strahlt für mich eine Erhabenheit aus. In der Genauigkeit liegt manchmal aber auch etwas schön Skurriles.

Klarheit und Humor sind eng verwandt

Neben deiner Klarheit gibt es eine Art „Jonas – Humor“ der sich durch deine Arbeiten zieht. Ist das  Zufall oder Teil deiner Persönlichkeit, bzw. wichtiger Baustein in deinen Arbeiten?

Für mich sind Klarheit und Humor eng verwandt und bedeuten mir beide viel. Trockener Humor bringt vieles auf den Punkt, feiner Humor lässt immernoch ein bisschen Spiel. Das Wichtigste im Bezug auf meine Kunst ist mir, dass die dadurch entstehende Leichtigkeit die Tür zu einer weiteren, konträren Ebene öffnet. Ich glaube nicht, dass dieser rote Faden in meiner Kunst Zufall ist, nur weil es mir einfach passiert. Es kommt ja aus mir und ist sehr persönlich. Außerdem durchlaufen meine Arbeiten sehr viele Schritte und Filter, die Umsetzung dauert sehr lange, sodass ich mir immer bewusst darüber bin, was am Ende sozusagen übrig bleibt.

Durch die Arbeit mit den Großkostümen damals habe ich einen starken Bezug zu Form und Haptik entwickelt. Daher kommen mir meine Skulpturen manchmal sehr wesenhaft vor, als stehe da ein Außerirdischer vor mir, verkleidet als meine Skulptur. 

Klingt vielleicht seltsam, aber ich spüre da einen gewissen Charakter im Ding.

Kann sein, dass dies auch ein Schlüssel dazu ist, warum manchmal so ein Zwinkern durchblitzt.

Zwischen Patina und weiss weit aufgeräumt

Erzähle uns von deinen Lieblings-Arbeitsorten.

Die sind sehr widersprüchlich und gleichzeitig auch wieder ein Pendeln, wo wir vorhin schon von den zwei Seiten sprachen. Einerseits liebe ich es weiß, weit und aufgeräumt, um klar denken und arbeiten zu können. Andererseits wühle ich unheimlich gern in oft sehr staubiger Geschichte, im wahrsten Sinne des Wortes. Interessante Orte sind ja meistens die etwas betagteren, die mit Patina.

Ich finde es spannend, meinen sichtbaren Kommentar dort einzupflanzen, ohne das Wesentliche, welches schon aus sich selbst heraus dort gewachsen ist, zu übertönen.

Trotzdem mag ich es, dass meine Arbeiten auffallen und in ihrer Cleanliness einen Kontrast bilden. Ich finde, sie verstärken das Umfeld und nähren sich gleichzeitig aus ihm.

Was passiert als nächstes im „Jonas´schen“ Universum? 

Nach der Austellung ABOUT BLANK I in der Galerie Gebrüder Lehmann, werde ich unter anderem in Montreal Zeit verbringen und eine Einzelausstellung vorbereiten. Ich habe dort ein Stipendium bei „Les Territoires“ bekommen und im Anschluss gibt es noch einen „Creation Workshop“ für fünf ausgewählte Künstler, den ich leite und der in einer Gruppenausstellung endet. Danach gehe ich für zwei Wochen nach New York, wo ich ein Projekt plane… aber ich verrate ungern alles, bevor es soweit ist! Es wird auf jeden Fall ein sehr spannendes Jahr. Ich könnte gerade nicht glücklicher sein.

Vielen Dank für das Gespräch!

Galerie Gebrüder Lehmann: About Blank I 

Opening, Freitag 14. März 6pm-9pm
Laufzeit bis 26. April 2014
Philip Hausmeier / Miriam Jonas / Sophia Pompéry / Jan Vormann / Sebastian Winkler
Galerie Gebr. Lehmann // Lindenstraße 35, 10969 Berlin

Mehr zur Künstlerin findet ihr auf ihrer Webseite Miriam Jonas 

Photo Credit: Raphael Mathes



Portraitfotos: Raphael Mathes