Wie verkauft man Kunst online? artflash macht es vor

Kunstmarkt 

Wie verkauft man Kunst online? artflash macht es vor

Der digitale Kunstmarkt entwickelt sich prächtig. Aber wie verkauft man Kunst online? Ein Überblick über die neuen Web Shops für Kunst und ein Interview mit der Gründerin einer Online Plattform für Editionen.

Daniel Richter Edition

Der Online Kunstmarkt explodiert gerade

Vor ein paar Wochen schlürfte ich die vielleicht köstlichste Erbsensuppe meines Lebens in einer gemütlichen Küche in begehrter Hinterhoflage von Berlin-Mitte. Die Menschen um mich herum waren offen, die Stimmung herzlich, die Einrichtung der Wohnung unprätentiös jedoch stilsicher. Ein eher untypisches Setting für den Launch einer neuen digitalen Verkaufsplattform für Kunsteditionen. Aber nur so lange, bis man Katharina Bauckhage trifft, die Gründerin von artflash.de, einer neuen Webseite, auf der alle zwei Wochen zwei Editionen von großen Künstlern wie Daniel Richter als auch talentierten Newcomern angeboten werden.

Aber heben wir kurz den Blick aus der Berliner Altbauwohnung und lassen ihn über die aktuelle Entwicklung des digitalen Kunstmarkts schweifen.

Kunst online kaufen? Das war vor ein paar Jahren ein Tabuthema, das, falls es denn überhaupt aufkam, mit dem Totschlagargument „Kunst muss man sehen, berühren, ihr direkt begegnen“ in nur wenigen Minuten von jedem Abendessenstisch gefegt wurde. Sotheby, Christies und einige andere hatten damals zwar bereits digitale Kunst-Plattformen gestartet, waren aber damit jedoch nach wenigen Monaten an die Wand gefahren. Während wir unsere Kleidung, Technologie und Waschmaschinen online orderten, galt für die Kunst: auf GAR keinen Fall.

Ende 2012 aber ist der digitale Kunstmarkt nun heftig in Bewegung geraten. Web Shops für Kunst schießen aus dem Boden wie die Pilze in diesem schönen Herbst. Dieses Mal sind sie erfolgreich, denn dahinter stehen in vielen Fällen mächtige Galeristen und Medienmacher. Art.sy, die amazon-artige Suchmaschine für Kunst, wird zum Beispiel von Google Chef Schmidt und u.a. Gagosian gemacht. LUMAS hat inzwischen weltweit reale Shops und deckt den wachsenden Kreis an Kunstliebhabern ab, die kein Problem haben, Kunst auch mal nur als Deko übers Sofa zu hängen. Auf artspace.com gibt es die Gerhardt Richter Edition für 2000 Euro. Zeit, mal genauer hinzuschauen und nachzufragen, was sich auf dem deutschsprachigen digitalen Kunstmarkt tut.

BanksyEditionen bei artflash. Links: Laurina Paperina: Kill Bansky. Mitte: Norbert Schwontkowski: Das Welt. Rechts: Elin Hansdottir: o.T.

Daniel Richter und Jonathan Meese als kleine, feine Edition online kaufen

Wir treffen Katharina Bauckhage im Büro von artflash und betreten eine Altbauwohnung mit unverputzten Wänden, an denen Arbeiten von Daniel Richter, Jonathan Meese, Carsten Fock und anderen bekannten Künstlern lehnen. Die Gründerin von artflash ist im Kunstleben keine Unbekannte. Katharina war über zehn Jahre Mitglied der Geschäftsleitung einer Berliner Ausstellungsagentur und kennt sich im Kunstbetrieb bestens aus. Auch digital ist sie fit und hat bei Pixelpark die ersten deutschen Onlineshops konzipiert. Ihre Vision für artflash ist es, den Kunstbetrieb aus seinem Elfenbeinturm zu holen und auch weniger erfahrenen Kunstinteressierten den Kauf hochwertiger Originale zu erleichtern. Zwei Wochen nach dem Launch hatten sich bereits 1.000 Mitglieder registriert und die ersten beiden Editionen waren schnell ausverkauft. Das Konzept scheint aufzugehen.
Gerade ist sie mit ihrem Mann nach L.A. umgezogen und pendelt nun zwischen den Kontinenten. Bedeutet das für artflash der erste Schritt in die Internationalisierung, so kurz nach dem Launch?

Carsten FockCarsten Fock UntitledRolf Bier
Rolf Bier: yes/no/but

Katharina, warum gründet man einen Online Shop für Editionen in kleiner Auflage?

Die Idee zu artflash kam mir, als ich per Zufall auf die längst ausverkauft geglaubte Edition „Das Welt“ von Norbert Schwontkowski stieß. Wie konnte es sein, dass diese wunderbare Edition zum ursprünglichen Preis noch zu haben war, wo der Künstler mittlerweile international gefragt ist? Nach intensiver Recherche fanden wir heraus, dass Kunstvereine als nicht-kommerzielle Einrichtungen Editionen namhafter Künstler sehr günstig verkaufen – oft unter Marktpreis. Nur kaum jemand weiß davon oder findet sie.

Und das wolltest du mit artflash ändern?

Ja. Wir sprechen damit sowohl Sammler und Connaisseure an, aber wollen auch junge Leute an das Sammeln heran führen. Eine Edition von einem namhaften Künstler in kleiner Auflage ab 100 Euro bis zu 1000 Euro ist eine großartige Gelegenheit, damit anzufangen.

Du hast dir bestimmt den digitalen Kunstmarkt angeschaut, was macht ihr anders?

Ich habe mir unglaublich viele Webseiten angesehen. Es gibt einige sehr gute mit ganz tollen Suchoptionen und hochwertigen Arbeiten, aber die meisten erschlagen mich mit ihrem zu großen Angebot. artflash arbeitet mit einem kuratierten Shoppingansatz. Alle zwei Wochen zwei Editionen in kleiner Auflage, flash sale nennt sich das Prinzip, was schon net à porter erfolgreich angewendet hat. Ich will mir bei der Suche und Auswahl Zeit nehmen und gleichzeitig Barrieren beim Kunstkauf abbauen.

Und wie reagieren die Künstler darauf?

Sie finden das gut. Ich habe von allen, die ich gesprochen habe, ausschließlich positive Reaktionen bekommen.

Auch zur Präsentation der Arbeiten? Ihr fotografiert die Werke ja recht „lebensnah“, sprich hier in der Wohnung, im Flur auf dem Boden herumstehend oder zwischen dem üblichen Krimskrams über dem Schreibtisch hängend.

Kunst gehört für mich zum Leben dazu. Sie steht für einen Teil von dir und muss daher nicht in einer White Cube-Umgebung dargestellt werden. Für die Künstler ist das fein. Nur einmal hat einer protestiert, als wir seine Arbeit in einem Fahrradkorb fotografiert haben.

Danke Katharina.

Monica Bonvicini