Kunstsammler Interview 

Sammlung Kohorst: Wir sind kein Christian Boros

Als das art forum berlin bei Christian und Christina Kohorst anrief und fragte, ob denn die Sammlung Kohorst, so wie auch die Sammlung Boros, Teil des VIP Programm sein wolle, da haben die Kohorsts kurz gezögert.

Christian Kohorst

Was die Kohorts störte, war weniger die Vorstellung, dass jede Menge fremde Kunstbeflissene durch ihre Altbauwohnung wandern würden. Was ihnen Kopfschmerzen bereitete, war vielmehr das Wort „Sammlung“.

Wir sind kein Christian Boros und wir können auch keinen Ausstellungstitel liefern

erklärt Christian Kohorst, als wir an einem kalten Winterabend in seinem Wohnzimmer stehen und unsere Augen sich an den ca. 30 Kunstwerken in ihrer Wohnung festsaugen. Darunter Werke von Olafur Eliasson, Wolfgang Tillmans und dem jungen israelischen Künstler Ariel Reichman, der an diesem Abend neben mir steht und leicht verlegen seinen Blick über den Dielenboden wandern lässt.

Aber dann haben wir uns erinnert wie gern wir immer durch private Kunstsammlungen in NYC oder Paris gelaufen sind. Voller Neugier, wer dort an den Wänden hängen würde und wie sich die Werke zusammenfügen würden.

Um es kurz zu machen, die Kohorsts haben ihre Wohnung dem art forum berlin geöffnet und Spass dabei gehabt.

Sammlung Kohorst

Die Kohorsts: Sammler und Kunstagentin

Das Ehepaar Kohorst ist ein wohl bekannter Teil der Berliner Kunstwelt. Beide sind sie begeisterte Kunstsammler, Teil des art forum berlin Gastgeber-Komittees und damit oft und gern gesehene Gäste bei Openings, Kunstpreisverleihungen und Kunstmessen. Ich hatte das Vergnügen sie dieses Jahr auf der Frieze zu begleiten und von ihrem beeindruckenden Kunstwissen zu lernen. Für Christian Kohorst ist das Kunstsammeln rein private Leidenschaft, für Christina Kohorst ist die Kunst auch Beruf. Sie hat bis vor Kurzem die Berliner Dependance der Andersen’s Contemporaryin der Halle am Wasser hinter dem Hamburger Bahnhof geleitet. Seitdem die Galerie den Berliner Ableger geschlossen hat, agiert sie erfolgreich als selbstständige Künstleragentin. An diesem Abend lässt sich Christina entschuldigen und so mimt Christian den Art Guide und führt uns in sein Arbeitszimmer, wo fast unscheinbar eine Arbeit des dänischen Künstlers Henrik Olesen hängt. „Wir haben mit diesem Werk gleich die ganze Ausstellung gekauft. Was wir sehen ist eine Art Blick hinter die Kulissen einer seiner Ausstellungen, von der ersten Ausstellungsskizze bis zur letzten“, erklärt Christian Kohorst.

Sammlung Kohorst

Jan Christensen (rechts) und Henrik Olesen (hinten links)

Auf dem Weg über den knarzenden Boden von Zimmer zu Zimmer wird mir klar, was Christian Kohorst gemeint hat, als er sagte, es gäbe hier keine Sammlung im streng definierten Ausstellungssinn. Kein übergreifendes Thema ist zu erkennen, keine allzu sichtbare Konzentration auf einige wenige Künstler zu sehen. Auch die großen Namen treten fast nebenbei auf. 

Die Kohorst Sammlerstrategie

Später auf dem Nachhauseweg erscheint sie mir dann doch vor Augen, die übergreifende Klammer. Sie hat zwei Anhakpunkte. Zum einen ist es die doppelte Berührung der Seele, die ein Kunstwerk in den beiden Sammlern auslösen muss, bevor es Einlass in ihr Zuhause findet. Christian und Christina Kohorst suchen ihre Werke immer zu zweit aus. In beiden Herzen muss es also hörbar Klick machen. Und auch der Verstand will überzeugt sein.

Wir kaufen immer erst beim zweiten Mal

sagt mir Christian Kohorst bei japanischen Erdnüssen und Champagner am Ende unserer Tour.

Und stets nur, wenn das Werk uns beide gleichermaßen berührt. Der Marktwert interessiert uns dabei nicht sonderlich, denn wir verkaufen unsere Arbeiten nicht.

Wirklich nicht? Vielleicht würden wir uns von dem ein oder anderen älteren Werk trennen, das in einem Container in Berlin ruht, aber für die meisten dort gibt es im Moment keinen Markt, sagt er da und lacht.

Sammlung Kohorst

Künstlerfreunde

Das ist der Teil mit der Berührung zum Werk. Der andere ist die Beziehung zum Künstler. Die Künstler, die hier vertreten sind, sind alle mit Christina und Christian bekannt. Im Fall von Olafur Eliasson oder Henrik Olesen mag sich dies durch das Wirken von Christina bei Andersen’s Contemporary ergeben haben, mit den anderen Künstlern verbindet die Beiden teilweise langjährige Freundschaften. So auch mit dem norwegischen Kunsttalent Jan Christensen, einer der aktivsten Künstler, die ich kenne. Jan ist in Oslo geboren und scheint nie still zu stehen. Er produziert Kunst wie andere Lebensmittel shoppen und zeigt diese auf Ausstellungen auf der ganzen Welt in einer Geschwindigkeit als gäbe es kein Morgen. Für das Zuhause der Kohorsts hat Jan eine Auftragsarbeit gefertigt, die eigentlich direkt auf die Wand aufgetragen werden sollte. Die Raufasertapete hat ihm dann aber einen Strich durch die Rechnung gemacht und so ist das Werk nun auf Leinwand zu bewundern Als ich wieder auf der schneeverwehten Strasse stehe, glüht sie noch eine Weile nach, die Liebe dieser beiden Sammler zur Kunst und dem Leben mit ihr. Ich beschließe, dass Christian Boros hier erst einmal rankommen muss.

Ariel Reichmann

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