Schaubühne: „Fear“ driftet in die Posse ab

Theaterkritik Berlin 

Schaubühne: „Fear“ driftet in die Posse ab

Nach einem fulminanten Beginn verliert sich die Uraufführung von „Fear“ in der Berliner Schaubühne in belanglosem Kabarett.

Berlin-Schaubühne-Fear

Fear in der Schaubühne

Angst trommelt, macht Tempo, missioniert den gesellschaftlichen Blackout rund um Pegida, AfD und Überfremdungsangst als explodierende Zeitbombe. „Fear“, Angst, breitet sich aus. Deutschland soll bleiben wie es ist aufpassen, dass Deutschland Deutschland bleibt, weil die Deutschen Deutschland mögen. Im atemlosen Stakkato aneinandergereihter Bürgerstimmen baut sich vor projizierten Feuerflächen, prasselnden Rhythmen die rechtsradikale Szenerie Deutschlands auf. Pappfiguren multiplizieren die Gegenwehr, fallen wehrlos zu Boden. Über Tanz (Denis Kuhnert, Frank Willens und Jakob Yaw) vermitteln sich Ausbeutung, Krieg, Zerstörung in aggressiven Hiphop-Szenen. Die Kriegsleichen von einst erwachen per Video (Björn Melhus) entsteigen als Monster der Erde und greifen um sich. Das ist ein fulminanter Einstieg zu Falk Richters Theaterproduktion „Fear“.

Doch die Textcollage auf der Basis von „Gesellschaft der Angst“ (Heinz Bude) „Nicht Einheit sondern Differenz“ (Heiner Müller), „Auf der Suche nach Heimat“ (Karen Joisten) verpufft größtenteils monologisierend, ohne sie analytisch auszuloten. Der Killover der Inszenierung erfolgt spätestens mit „Kay – Landschaften“ (Falk Richter) in der Spiegelung trivialen Gesellschaftstrends, Parodierung faschistischer Klischees und wertekonservativer Tradition. Projizierte Lieblingsfeindporträts und -klischees aus Bayern verstärken die eindimensionale Perspektive. Sorge und Angst werden allzu schnell mit Faschismus gleichgesetzt.

Falk Richters Regie überzeugt nur phasenweise.

Die Regie lebt von optischen Reizen. Auf der kargen Bühne (Katrin Hoffmann) kommen diese zwischen erhöhter vollverglaster Medienzentrale und karg dunkler Podestlandschaft bestens zur Wirkung. Die Schauspieler Lise Risom Olsen, Bernardo Arias Porras, Kay Bartholomäus Schulze, Tilman Strauß, insbesondere Alina Stiegler brillieren in exaltiert satirischen Posen, und wenn schließlich gar nichts mehr einfällt, dann folgt ostentative Pause, das Aufzählen von möglichen Szenen, auf die doch keiner Lust hat, bis natürlich auf die über Beatrix von Storch, eine alberne Kostümschau (Daniela Selig) als Reigen von Geldadel und Braundeutschland.

Berlin-Schaubühne-Fear

Das Publikum zeigt sich amüsiert.

Das entspricht zwar der gesellschaftlichen Realität durch Spaß und Berieselung jegliches analytisches Nachdenken zu verhindern. Die geistige Manipulationskultur unserer Gesellschaft mit denselben Mitteln darzustellen ist aber im Rahmen der gegenwärtigen gesellschaftspolitischen Situation ein zu banales Possenspiel, Chillen und Urban Gardening als Zukunftsvision multikultureller Hippie-Friedlichkeit zu naiver Heile-Welt-Malerei.

Zu sehen ist „Fear“ in der Schaubühne erst wieder ab Januar 2016.

Text: Michaela Schabel

Foto: Arno Eclair